17.9.2011 von tono.
Früher habe ich es genossen, mich in dem Moment kurz nach dem Aufwachen noch ein bisschen in den Laken zu räkeln, heute werde ich immer mehr zum „Nestflüchter“ und verlasse das Bett so schnell ich kann! Hat wohl primär damit zu tun, dass mein Bett zu einem Ort mutiert ist, an dem ich Gefahr laufe, von meiner Decke oder dem Kopfkissen erstickt zu werden und zu absoluter Inaktivität verdammt bin! Im Sessel kann ich atmen, kommunizieren, um Hilfe klingeln, mich ablenken, mich und andere beschäftigen. Keine Frage also, wo ich den Großteil meiner Zeit hier zu finden bin.
Aber wie alles, das man übertreibt, sind auch hier die ersten Begleiterscheinungen aufgetreten: die Haut an meinem Hintern wird so langsam dünn. Bis heute hatte ich immer gedacht, Blasen, Schwielen oder Abschürfungen könnte ich mir nur beim Sport einhandeln! Unvergessen der Zustand meiner Füße, nachdem Jens und ich im Eidinghausener Freibad den Fehdehandschuh zweier Kids zum (Barfuß-)Fußball nicht liegen lassen konnten. Anderthalb Stunden später waren die Kids fertig mit der Welt - genau wie unsere Füße! Ich habe lediglich ein Zischen vermisst, als ich sie ins Wasser getaucht habe. So von Blasen und Abschürfungen bedeckt waren sie noch nie. Aber es gab auch niemals zuvor einen solch rekordverdächtigen Ausbruch an Gedankenlosigkeit und Unvernunft. Jetzt habe ich gelernt, dass auch exzessives Sesselsitzen zu Verletzungen führen kann. Derzeit fliehe ich so gegen 8:30 Uhr aus dem Bett; retour geht’s gegen 2:30 Uhr. Macht etwa 18 Stunden „draußen“, abzüglich -über den Daumen- einer Stunde für Toiletten- und Waschgänge. Bleiben erschreckende 17 Stunden!
Da kann die Hinterbacke schonmal schmerzen - vor allem, wenn man keinen Arsch mehr in der Hose hat. Wenn ich mein derzeitiges Gewicht erraten sollte, würde ich näher an 40 als an 50 tippen. Für die Bestatter wird’s beizeiten jedenfalls keine ’schwere’ Aufgabe werden
Jetzt liegt eine bezogene Schaumstoffunterlage unter meinem Hintern und alles ist wieder gut! Das nächste sind meine Schulterblätter…
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12.9.2011 von tono.
DBDDHKP (UKKU)
Kann mit dem Kürzel noch jemand etwas anfangen? Ich lasse das jedenfalls erstmal hier stehen. Hinweis: ist ein Spruch aus fernen Kindertagen und wer tatsächlich damit etwas anfangen kann, hat wohl schon viele Winter gesehen…
Mein Doc riet mir dringend, mal etwas mehr über meine Empfindungen mit den Alltagsproblemen abzulassen. Ich meckere, aber jammere nicht gerne öffentlich. Denkanstoß war wohl sein gestriger Besuch hier. Er kam nämlich gerade, als ich nach Hilfe geklingelt hatte. Mein Kissen war platt und bot dem Kopf keinen Halt mehr. Eine gewisse Zeit stört mich das nicht, aber irgendwann mal möchte ich meinen Kopf zurücklehnen und die Halsmuskeln entspannen. Das geht aber nicht, wenn ich den Kopf zurücklehne, er dann zur Seite und anschließend nach vorne kippt.
Das Kissen auszurichten, die passende Sesselneigung dazu zu finden, dauerte trotz erfahrener Hilfe gut 20 Minuten! Wenn ich gewusst hätte, dass mein Doc im Anmarsch war, hätte ich mir das Klingeln für später aufgespart. Eigentlich besteht mein Tag dauernd aus dem Treffen dieser Entscheidungen. Wie sagte ich meinem Gegenüber: „…wenn ich den gleichen Komfort wie Sie erreichen möchte, müsste ich auf der Klingel sitzen!“ Ständig muss ich abwägen, ob die Unbequemlichkeiten oder gar Schmerzen gewichtig und zahlreich genug sind, dass ein Klingelruf gerechtfertigt ist. Oder eben nicht.
Ich versuche immer, so wenig wie möglich störend oder unterbrechend auf den übrigen Pflegebetrieb einzuwirken. Ich finde oft, dass jemand, der überlegen kann, ob er Hilfe braucht oder nicht, Hilfe nicht so dringend braucht! Es gibt Gäste, die Schmerzen haben und definitiv Hilfe benötigen. Oft empfinde ich, ALS Kranke sind nur (Hospiz-)Patienten zweiter Klasse; sie haben keine Geschwüre oder Mißbildungen, Medikamente sind nicht angesagt. Dafür umso mehr Geduld. So sitze ich auf einer Falte, die Hose zwackt, oder ein Körperteil ist leicht verdreht oder suboptimal gelagert. So oder so: 100% sind utopisch und quasi nie erreichbar, alles über 90% ist Klasse, und manchmal müssen auch 65% reichen. Alles eine Frage der Zeit …
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3.9.2011 von tono.
Da gaaanz viele ihr Lieblings-Klammerblueslied als Reaktion gepostet haben, stelle ich hier mal eine nicht repräsentive Top Liste online. Sie wird nach den eingehenden Kommentaren vervollständigt und dann an RTL geschickt
PS: das dazugehörende Jahr und die Geschichte finde ich persönlich am Interessantesten…
Carlos Santana - Samba Pa Ti
Wishful Thinking - Hiroshima
Nazareth - Love hurts
Simon & Garfunkel - Bridge over troubled Water
Cat Stevens - Morning has broken
Barry Manilow - Mandy
Wen interessiert, wie sich mein körperlicher Zustand mit ALS so entwickelt:
Heute morgen, so gegen 7, wurde ich in Bauchlage wach, die Beine ausgestreckt, meine Arme lagen nach links.
Ich schaffte es nicht, durch Anwinkeln und Arbeiten mit den Beinen -so wie sonst- in eine bequemere Position zu wechseln!
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27.8.2011 von tono.
Meine Lehrer der Naturwissenschaften vom MWG in Lemgo würden sich vermutlich erstaunt die Augen reiben, stieße sie jemand auf meine Gedanken zu Physik, Chemie und Biologie. Doch ich komme immer häufiger nicht drumherum, mir Gedanken über (Natur-)Wissenschaften zu machen. In meinem nächsten Leben werde ich wohl ziemlich sicher Wissenschaftler.
Nehmen wir mal Folgendes an:
Sie liegen im Bett, zugedeckt und werden wach.
Szenario I:
es ist Sonntags früh, die Blagen übernachten -geplanterweise- woanders, Haustiere oder andere Störungen sind nicht in Sicht, und durch das leicht geöffnete Fenster dringt das Geräusch kräftigen Regens und angenehm frische, kühle Luft…
99 von 100 Personen würden sich in die bequemste Lage bringen, die Bettdecke höher ziehen und weiter schlafen!
Szenario II:
alles wie zuvor, jedoch mit 2 Änderungen, Sie sind in ihre Decke eingewickelt und nicht in der Lage, sich zu bewegen. Außerdem beträgt die Umgebungstemperatur schwülwarme 26 Grad Celsius, somit 10 Grad mehr als in Szenario I, und die Sonne scheint.
Das wäre dann eine Foltersituation, der 100 von 100 Personen schnellstmöglich entfliehen möchten, oder?
Können ALS Patienten, Gelähmte und aus anderen Gründen bewegungsunfähige Personen leider nicht! Ich versuche meistens, wenn ich zu früh wach werde, geistig auszuwandern und beschäftige mich mit den unmöglichsten Dingen. Und doch reicht schon ein Geräusch vor meiner Tür, um mich wieder in meine persönliche Folterkammer zurück zu bringen. Da, wo die Bettdecke zum Feind wird. Abends noch hochgeschätzt als Wärmespender, morgens abgrundtief verhasstes Folterinstrument. Überzogen? Dann lassen Sie sich mal spaßeshalber so in eine Decke einrollen, bis Sie alleine nicht mehr hinauskommen. Wie viele Stunden schaffen Sie wohl?
Ich bin jedenfalls morgens immer froh, wenn Hilfe kommt und mich erlöst… Um bei 10 Grad Differenz zu bleiben: bei 22 Grad habe ich definitiv mehr Unternehmungsgeist als bei 12 Grad Celsius. Denken Sie mal kurz darüber nach, was Ihnen bei 22 Grad alles leichter fällt als bei 12…
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23.8.2011 von tono.
Ursache für ALS gefunden
Forscher: Reparatur von Eiweißen im Hirn gestört
US-Forscher haben einen gemeinsamen Grund für die verschiedenen Formen der schweren und unheilbaren Nervenerkrankung Amyotrophe Lateralsklerose (ALS) gefunden. Demnach ist die Reparatur von Eiweißen im Gehirn oder Rückenmark von ALS-Patienten gestört. Die Nervenzellen der Erkrankten, darunter der Astrophysiker Stephen Hawking, werden schwer geschädigt. Das Team um Teepu Siddique von der Northwestern Universität (Chicago, USA) berichtet darüber im Fachmagazin „Nature“.
ALS-Patienten leiden an fortschreitenden Muskellähmungen, und können sich im Verlauf der Erkrankung nicht mehr bewegen, sie haben Schwierigkeiten zu schlucken, sprechen oder atmen.
Weltweit sind Schätzungen zufolge 350 000 Menschen davon betroffen, etwa die Hälfte der Patienten stirbt innerhalb der ersten drei Jahre daran. Es gibt auch eine Form, die eine Art Demenz auslöst. Dabei verlernen die Patienten, einfachste Aufgaben auszuführen und verlieren ihr Sprachverständnis. Nur bis zu zehn Prozent der ALS-Fälle treten familiär gehäuft und somit vererbt auf, der Rest tritt „spontan“ auf.
Sein Fortschritt in der ALS-Forschung öffnet Siddique zufolge „ein ganzes, neues Feld, um eine wirksame Behandlung gegen ALS zu finden“. So könnten Medikamente getestet werden, die diese Art der Eiweißreparatur regulieren oder verbessern, und somit ihre Funktion aufrechterhalten.
Die Störung beim „Protein-Recycling“ führen die Forscher auf das Eiweiß Ubiquilin2 zurück. Dessen Aufgabe sei es, beschädigte oder falsch gefaltete Proteine in motorischen Nervenzellen und Nervenzellen der Großhirnrinde zu „recyceln“. Bei ALS-Patienten arbeite Ubiquilin2 nicht richtig. Dadurch sammle sich das Eiweiß zusammen mit den beschädigten Proteinen in den Nervenzellen an, lagere sich ab und lasse die Nervenzellen untergehen.
Bei Patienten, bei denen ALS gehäuft in der Familie vorkommt, fanden die Forscher auch Mutationen im Ubiquilin2-Gen. Die typischen Ablagerungen fanden sich jedoch auch bei Patienten ohne diese Genveränderung. Für ihre Studien untersuchten die Forscher unter anderem Daten von fünf Generationen einer Familie, in der 19 Familienmitglieder an ALS litten.
Siddique befasst sich seit mehr als 25 Jahren mit der Amyotrophen Lateralsklerose und ist Autor zahlreicher Studien. Die nun erlangten Erkenntnisse könnten nach Auskunft der Forscher auch eine Bedeutung für Krankheiten wie Alzheimer oder Parkinson haben. dpa
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22.8.2011 von tono.
Ich kann ganze Sätze verstehen. Das Schreiben mit meiner Kommunikationshilfe dauert dagegen manchmal so lange, dass ich -dem Augenblick der schnellen Kommunikation geschuldet- darauf verzichte, meine Anliegen auszuformulieren. Stattdessen gebe ich lediglich knappe Hinweise. Sehr knapp, wenn mein Gegenüber gut beim Erraten ist. Falls nicht, muss ich eben „nachlegen“. So oder so bleibt das Verhältnis unausgeglichen! Als Trost für die, die in Unterhaltungen mit mir vermeintlich „den Kürzeren gezogen“ haben, möchte ich anmerken, dass ich die Sätze in meinem Kopf sehr ausführlich -und natürlich grammatikalisch korrekt- beende.
Es besteht dagegen kein Grund, in Gesprächen mit mir Eingeborenensprache zu verwenden - ich kann den Sinn vollständiger Sätze problemlos erfassen. Ich liebe die Feinheiten und Nuancen der deutschen Sprache sogar. Um noch ein Missverständnis gleich mit zu beseitigen: es verhilft Ihnen nicht zu einer Antwort von mir, Fragen mehrmals zu stellen. Auch leicht abgewandelt nervt das nur! Manche Fragen sind einfach redundant und verdienen keine Antwort. Bei Interesse kann ich gerne mal ein paar Beispiele veröffentlichen. Auch lauter und/oder langsamer zu sprechen, ist unnötig und kontraproduktiv! Ich bin weder schwerhörig noch „schwer von Begriff“; zumeist will ich nicht antworten. Oder ich kann es schlichtweg nicht, Beispiel: „…liegen Ihre Haare richtig?“ Wie soll ICH das denn wissen?!
Schöne Woche wünsche ich.
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14.8.2011 von tono.
Beim Durchsehen meiner Musiksammlung nach Doubletten, Abteilung ‘70er, ist mir zweierlei aufgefallen.
Einerseits, dass ich wohl schlimmer unter der Langeweile leide als ich mir eingestanden habe. Oder, wer zum Honk, kommt auf die wahnwitzige Idee mit der Musiksortiererei - und setzt sie dann auch noch um!
Zum Anderen, dass es Dinge aus den ‘70ern gibt, die ich vermisse oder teilweise irrtümlich den ‘80ern zugeschrieben habe. „Saturday Night Fever“ mit dem sehr jungen John Travolta z.B. stammt aus den ‘70ern. Lesern jüngeren Datums ist Travolta eher bekannt aus neueren Actionkrachern wie „Pulp Fiction“, „Operation Broken Arrow“, oder „Password: Swordfish“.
Dann gab’s in den ‘70ern noch die kleinen muffigen Partykeller, die mit den zahlreichen Feiern samstags den Discos die Gäste wegnahmen. Die meisten der älteren Jahrgänge dürften dort in jungen Jahren die eine oder andere Party gefeiert haben. Manchmal sogar mit anschließender Übernachtung in der „Liegeecke“, die mit ein paar alten Matratzen unbedingt in einen Partykeller gehörte! Genauso wie eine Lichtorgel, Schwarzlicht und eine Discokugel. Störungen durch Handies waren nicht zu erwarten, höchstens durch die Hausbesitzer oder deren Nachbarn. Handies gab es nämlich genauso wenig wie Computer, das Internet, bleifreies Benzin oder eine Anschnallpflicht (ja, es gab schon Strom!). Wer da war, blieb da, die Musik kam vom Plattenspieler und es gab viele verschiedene Richtungen wie Rock, Soul, Reaggae, Funk (Klasse viel Bass), Wave und Gothic, Rockabilly, Blues und natürlich Disco. Und die, die ich vergessen habe. Tanzarten und -Stile gab es natürlich auch dementsprechend viele!
Egal, wofür das Herz auch schlug, ob Hardrock oder Disco: bei einer Richtung herrschte Einigkeit. Alle fanden sich in frühen Teenagerzeiten auf der Tanzfläche beim „Klammerblues“ wieder. Das war neben dem klassischen Tanzkurs eine todsichere Möglichkeit, mit einem Mädchen auf Tuchfühlung zu gehen. Und zwar - genau wie der Tanzkurs - im Einklang mit den gesellschaftlichen Regeln; sogar bei Klassen- oder Schulfeten unter Aufsicht!
Da die Bewegungen beim Klammerbluestanzen quasi nicht existierten, konnte man sich völlig auf seine Tanzpartnerin konzentrieren. Zu beachtende Regeln gab es kaum: ein Lied Länge war Pflicht, die Hände oberhalb der Gürtellinie durften fast alles, nur unauffällig bis unsichtbar sollte es geschehen. Küsse waren auch erlaubt - genauso wie das Auseinandergehen, als wäre nichts passiert, sobald die Musik endete. Ich habe beim Bluestanzen jedenfalls einige schöne Erfahrungen gemacht…
PS: wer weiß, wovon ich geschrieben habe, kennt auch Telefone mit Wählscheibe und Kabel, „Wahrheit oder Pflicht“, S/W Fernseher, Apfelkorn, Bonanzaräder und Mofas. Er weiß, dass Jägermeister ein Altherren- und kein Kultgetränk war, dass „Ernte 23“, „HB“ und „RothHändle“ geraucht wurden
- und er/sie ist aaalt…
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6.8.2011 von tono.
Stopfleber
Pelz (außer als Tier)
Fresswettbewerbe
Size Zero
Plockwurst
Delfinarien
saure Milch
Mücken
IKEA
Kartoffelbrei
Laubsauger
Schoßhunde
Frauenfußball
Dummheit (und Menschen, die übermäßigen Gebrauch davon machen)
Simon Godejohann
Facebook
Big Brother
ALS (HIV, Krebs, usw.)
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30.7.2011 von tono.
In der Tat: er hat eine nervige Stimme, eine nervige Art und ist das Paradebeispiel dafür, was man bei der Auswahl seiner Vertreter in der Werbung alles falsch machen kann. Weitere stimmige Beispiele sind die Unsympathen von „carglass“, die nervigen Mütter, die „Milchschnitte“ für ein Lebensmittel halten, und die Hohlfritten, die uns Synthetikdüfte als „Lufterfrischer“ verkaufen wollen. Die Fernsehwerbung ist so voll davon, wenn man eine weitere Zehntelsekunde darüber nachdenkt, fallem einen noch Tausend weitere Nervtöten ein. Also besser nicht nachdenken, sondern schnell umschalten. Ich bin des Zappens müde und wäre jetzt reif für ‘SKY’ o.ä…
Zurück zu den Ärzten im TV und ‘real life’. Da die Vertrauensbasis zwischen mir und meinem bisherigen Arzt genauso marode geworden war wie sein Zeitempfinden und Selbstverständnis, musste ich mir einen neuen suchen. Ich bin auch fündig geworden: ein engagierter Palliativmediziner, der etwas näher am Thema Hospiz und ’sterbenskrank’ ist. Erste Gespräche verliefen Ergebnis orientiert in angenehmer Atmosphäre und lassen mich hoffen, dass es diesmal hält. Aber mit Partnerschaften habe ich es scheinbar nicht so…
Zur Erstinformation hätte üblicherweise ein Ersgespräch stattgefunden. Damit sich das nicht über Tage hinzieht, haben wir vereinbart, dass ich meinen ‘Status Quo’ in Schriftform für ihn zusammenstelle. Um Fragen zu meinem Befinden gleich für alle mitzubeantworten, veröffentliche ich meinen Statusbericht unten am Ende des Eintrags.
Im Gespräch mit meinem neuen Arzt löste sich auch meine derzeit größte Sorge in Luft auf: ich dachte bisher, dass der Tod durch Atemlähmung sich so darstellt, dass ich lange und intensiv nach Luft schnappe. Tatsächlich ist es aber so, dass die ALS Kranken im Endstadium ihrer Krankheit immer flacher atmen, der Kohlensäureanteil im Blut steigt und der Kranke bewusstlos wird. Aus dieser Bewusstlosigkeit wacht er dann nicht mehr auf. Klingt für mich weitaus angenehmer als nach Luft schnappend zu kämpfen, oder?
Dann nochmal zur Kategorie „Menschen, denen es noch schlechter geht“:
Ich habe schon wieder Leute über den Regen meckern gehört - in großen Teilen Somalias und Kenias ist der Regen seit 3 Jahren ausgeblieben. Die Folgen: Dürre, Ernteausfall, Hungersnot, Kindersterben. Alle 6 Sekunden stirbt aktuell ein Kind am Hunger in Somalia…
Mehr Informationen zum Thema und zu Hilfsmöglichkeiten gibt es hier.
Mein Statusbericht
(nach 3 Jahren Widerstand gegen ALS)
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Mobilität
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Stehen kann ich noch kurz, muss aber in der Waage gehalten werden und kann dabei meinen Oberkörper nicht aufrecht halten und muss ihn hängen lassen. Zu Transferzwecken grade noch ausreichend.
Lagerung
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Immer öfter muss ich nach Luft schnappen, immer mehr Sitz- und Liegepositionen werden für mich zur Qual. Ähnlich wie ein Wal, der an Land von seinem eigenen Gewicht erdrückt wird, ist es jetzt auch bei mir. Am Schlimmsten für mich ist die Rückenlage. Nach kurzer Zeit besteht die Gefahr des Verschluckens; Atemnot tritt auf!
Sitzen geht auf Stühlen ohne Kopfstütze mit starrer Rückenlehne auch nur gebeugt, sonst besteht die Gefahr, dass mein Kopf nach hinten fällt. Am Entspannendsten ist eine leicht nach hinten geneigte Lehne wie im Rollstuhl oder TV-Sessel.
Liegen ist länger ausschließlich in stabiler Seitenlage links möglich.
Essen und Trinken
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Mein Magen ist auch geschrumpft. Ich nehme nur noch 2 Mahlzeiten pro Tag ein, morgens und abends. Wobei die Mengen mittlerweile im Gegensatz zu früher ein homöopathisches Stadium erreicht haben; ich bin sehr viel früher satt.
Trinken geht nur mit einem Trinkhalm, und das sehr mühsam! Dabei muss ich meinen Mund in den richtigen Abstand zur Tasse und zum Strohalm hinbekommen. Dafür hängt mein Kopf vor sich hin. Wenn die Tasse zu hoch oder zu niedrig gehalten wird, oder nicht ruhig in einer Position gehalten wird, schaffe ich den Lippenschluss um den Trinkhalm nicht. Eine halbe Tasse Flüssigkeit reicht mir jeweils.
Das Schlucken geht noch gut, wenn Speisen in homogener Konsistenz angereicht werden. Sonst wird es schwierig, ohne funktionierende Zunge Essen im Mund zu bewegen. Dazu kommt das zunehmende Unvermögen, einmal kurz und kräftig abzuhusten, wenn ich mich beim Essen verschluckt habe. So kann es Stunden mit Gehüstel dauern, bis meine Luftröhre wieder frei ist und ich wieder einwandfrei Luft bekomme!
Wenn ich mich verschluckt habe, bekomme ich nur mit aufgerichtetem Oberkörper wieder Luft - keinesfalls aber zurückgelehnt oder vornüber gebeugt!
Medizinisches
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Dekubitus ist im Augenblick kein Thema, eine Stelle an der linken Ferse ist wieder verschwunden. Die Gefahr besteht aber bei lange belasteten Stellen wie meinen Schulterblättern (im Sessel tagsüber) und meiner linken Schulter (im Bett nachts).
Sonst, abseits der ALS-Symptome, gibt es keinen medizinischen Befund, nicht zuletzt auch dank der Mithilfe von Krankengymnastik (bisher: Montag und Freitag) und Ergotherapie (Dienstag und Donnerstag). Die allgemeine Sensorik ist gesteigert.
Es liegt eine Patienverfügung sowie eine Betreuungsverfügung vor.
Und hier noch ein Nachtrag zum Thema „dümmer geht’s immer“: es gibt in Deutschland ‘Lachtherapeuten’ - ernsthaft,
Nürnberg kaserniert jetzt, einmalig in Deutschland, Delfine in einem Showbecken ein und vertritt allen Ernstes die Ansicht, in der freien Wildbahn würden Delfine ihren Standort auch nicht verändern, so lange sie dort ausreichend Nahrung vorfänden!
Dazu kann ich aus eigener Erfahrung sagen: das stimmt so definitiv nicht! Dafür muss man nicht mal durch eine Krankheit oder einen Unfall gelähmt sein - eine kurze Umfrage unter den Insassen eines beliebigen Gefängnis ist da völlig ausreichend…
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23.7.2011 von tono.
Luschtig ischt es nett. Nur, wenn man esch kurtsch hört. Wenn man abe länge dem Kauderwelsch lauscht, fragt man sich zu Rescht, wie jemand schreibt, wo so spricht?!
Das trifft natürlich auch auf hessisch, bayrisch, sächsisch und andere „Mundarten“ zu. Aber vielleicht drücken die Schwaben stärker auf die Tube, wenn Kameras an sind. Ich bin Aachen geboren und in Lippe groß geworden. Nach meinen Erfahrungen mit dem „Oche Platt“ (klingt ähnlich abartig wie Kölsch) und dem Lippischen beschloss ich im zarten Alter von 9 Jahren, mich ausschließlich auf hochdeutsch zu konzentrieren.
Auf jeden Fall spricht keiner seinen Dialekt so voller Inbrunst und unter Missachtung der Grammatik wie ein Schwabe! Der Posten des Fußballbundestrainers wird scheinbar ausschließlich mit Sprachlegasthenikern aus Deutschlands Süden besetzt. Das ist weniger schlimm, da Fußball ohnehin kein rethorischer Hochleistungssport ist. Wenn es aber um Berufe geht, bei denen die Sprache(n) das Hauptarbeitszeug ist(sind) wie Politik, wird die Verwendung von Schwaben echt gruselig. Unvergessen die Erfindung des „Schwänglisch“ vom damals angehenden EU-Energiekommissar Günther Oettinger (CDU). Die herausragende Performance des Schwabenpolitikers, der sich aufmachte, mit Englisch eine weitere Sprache zu vergewaltigen, war wochenlang ein Spitzenreiter auf youtube und stellte Guido Westerwelles (FDP) Englischgehversuche locker in den Schatten. Ja, unsere Politiker trauen sich was: als EU-Kommissar antreten, ohne irgendeine (europäische) Fremdsprache zu sprechen. Andere übernehmen Ämter oder stehen Ressorts vor, von denen sie nicht die geringste Ahnung, geschweige denn eine Ausbildung haben. Den Mut (und die Unverfrorenheit) brächte ich nicht auf - Gesundheits-, Verteidigungs-, Verkehrs- oder Wirtschaftsminister ohne jegliche Kenntnisse - Respekt!
Apropos Fußball: die Frauen-WM ist zu Ende; und die Japanerinnen sind nach Verlängerung und Elfmeterschießen gegen die USA zum ersten Mal Weltmeister. Glückwunsch dazu und zu dem recht ansehnlichen Spiel. Es war spannend, temporeich und technisch hochstehend. Trotzdem fühlte es sich irgendwie nicht richtig an. Wie „Blümchensex“. Aber jetzt ist endlich Schluss mit Höflichkeit, Wohlwollen und Frauenversteherei - die Männerfußball-Bundesliga geht wieder los! Nur noch ein paar Wochen, dann braucht man die Unterscheidung nicht mehr explizit zu erwähnen, weil der Frauenfußball dann wieder das Schattendasein führt wie Lacrosse und Elefantenpolo. Oder glaubt jemand allen Ernstes, diese WM hätte nachhaltig eine höhere Popularität des Frauenfußballs bewirkt?!
So, NRW hat jetzt auch Ferien. Vielleicht wird das Wetter auch bald dazu passend. Bei mir tut sich auch was: immer öfter muss ich nach Luft schnappen, immer mehr Sitz- und Liegepositionen werden für mich zur Qual. Ähnlich wie ein Wal, der an Land von seinem eigenen Gewicht erdrückt wird, ist es jetzt auch bei mir. Der Muskelabbau bei mir macht eben auch nicht halt! Echt ätzend. Dazu kommt das zunehmende Unvermögen, einmal kurz und kräftig abzuhusten, wenn ich mich beim Essen verschluckt habe. So kann es Stunden mit Gehüstel dauern, bis meine Luftröhre wieder frei ist und ich wieder einwandfrei Luft bekomme! Ich leide zwar unter der Langeweile meines gegenwärtigen Status - aber das ist keine Alternative! Meine Beinchen werden auch immer weniger tragfähig und mein Magen ist geschrumpft. Ich nehme nur noch 2 Mahlzeiten pro Tag ein, morgens und abends. Wobei die Mengen mittlerweile auch ein homöopathisches Stadium erreicht haben. Genau wie das Rauchen, manchmal sind es lediglich 2 am Tag - da ist die gewöhnliche Außenluft giftiger…
PS: ich habe was gelernt - ‘absolute’ Dummheit gibt es nicht - eine Steigerung ist immer möglich!
Wofür ich allerdings die drei binomischen Formeln brauche, hat sich mir bis heute absolut nicht erschlossen…
Gegenanzeigen?
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